Die meisten Gießener wissen um ihren Spitznamen – Schlammbeiser. Am Marktplatz ist ihm sogar ein Denkmal gewidmet. Gibt es schon seit vielen Jahre mit Axel Pfeffer, der die Figur unter anderem im Karneval präsent macht, einen „echten“ Schlammbeiser, widmet sich seit etwa drei Jahren eine Kostümführung der Gießener Tourist-Information der Gießener Figur. Gästeführer Peter Meilinger schlüpft dann in die Rolle des Schlammbeisers.
Rund drei Jahre gehört Meilinger zum Team der Gäste-Führer. Die Tourist-Information war auf Meilinger aufmerksam geworden, weil er privat Führungen auf dem Alten Friedhof veranstaltete. Der gelernte Steinbildhauer und Steinmetz konnte dabei sein Wissen prima einbringen. Als Mitglied im Kirchenvorstand der Luthergemeinde verfügte er ebenfalls versiertes Wissen zur Kapelle auf dem Alten Friedhof. Eine Probeführung stieß bei den Verantwortlichen auf Begeisterung, denn Peter Meilinger setzt bei seinen Führungen nicht nur auf nackte Jahreszahlen, sondern vor allem auf kleine Geschichten und Anekdoten. „Zahlen machen nur den Kopf voll“, erklärt er.
Hygiene zwischen 1850 und 1903
Die Frage, ob er sich vorstellen könnte, eine Kostümführung zu übernehmen, bejahte Meilinger. So waren die Schlammbeiser-Führungen geboren. In den Rundgängen berichtet der Gießener im historischen Gewand und mit Eimer und Schlammp-Eisen ausgestattet, über die Arbeit der Schlammp-Eiser und die Entwicklung der Hygiene in Gießen sowie die Auswirkungen. Dabei beleuchtet er vieles, was links und rechts des Weges liegt, mit historischen Fakten und unterhaltsamen Anekdoten. Vom Schlammbeiser-Denkmal geht es über den Kirchenplatz zum Stadtkirchenturm, in die Michaelskapelle, ins Leib’sche Haus, zur Engel-Apotheke, wo einst ein Nobelpreisträger lebte, und zum ehemaligen „Hotel Einhorn“ an der Ecke Kirchenplatz/Lindenplatz, wo heute die Santander Bank beheimatet ist.
Am Marktplatz geht es nicht nur um die jüdische Familie Pfeffer, für die dort Stolpersteine verlegt sind, sondern auch um die Hygiene auf dem früheren Wochenmarkt und die einstige Gießener Bäderkultur. Über den Kreuzplatz geht es dann zum ehemaligen Kerber-Gebäude, wo einst ein Feinkostgeschäft beheimatet war. Der Weg führt über das Gasthaus „Zum Löwen“ schließlich zum Brandplatz mit dem Neuen Schloss, dem Zeughaus und dem Karzer. Die Führung endet meistens am Kriegerdenkmal gegenüber des „Hawwerkastens“. Neben kleinen Geschichten baut Meilinger auch noch verschiedene Accessoires in seine Ausführungen ein. Dabei gibt es neben vielen historischen Abbildungen die eine oder andere Überraschung. Zuviel soll aber nicht verraten werden. Sein Wissen über Gießen hat sich Meilinger, der zuletzt als Jugend- und Heimerzieher gearbeitet hat in weiten Teilen angelesen.
Bewahrer des Gießener Stadtwappens
Doch Peter Meilinger, Jahrgang 1959, mimt nicht nur den Schlammbeiser – er hat darüber hinaus die Figur des Türmers kreiert, die auch in der Jubiläumsführung „Gelle, Gießen“, die am 17. Juli anlässlich 25 Jahren Stadtführungen in Gießen über die Bühne geht, übernimmt. Doch nicht nur bei der Jubiläumsführung mimt er den Türmer – er hat ihn auch bereits in die Gießener Fassenacht eingebracht. Neben den „Schlammbeiser“-Führungen übernimmt Meilinger auch Führungen unter dem Titel „Gießen historisch“ – diese Reihe teilen sich mehrere Stadtführer.
Peter Meilinger setzt sich außerdem für den Erhalt des Gießener Stadtwappens ein – nicht nur auf der Mappe mit den historischen Bildern für seine Führung prangt es, sondern auch an seinem Haus. „Das Wappen habe ich auf dem Flohmarkt gekauft“, sagt er. Er wünscht sich, dass die Stadt Gießen ihr Hoheitszeichen wieder mehr einsetzt und mit Stolz zeigt. So, wie er sich wünscht, dass Gießen stolz ist, auf das, was es zu bieten hat. Und auf die vielen Geschichten, die man hier erzählen kann.
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