Steinbrüche, Gerölle oder Felskomplexe – Eine Radtour durch die Erdgeschichte in und um Gießen.
Die Radtour „Steinreich unterwegs“ verbindet die Gießener Geotope miteinander und unternimmt eine Reise durch die Erdgeschichte. Die Tour ist gut 43 km lang und geht vorbei an den Grauwackensteinbrüchen in Heuchelheim über die Tonschiefer am Hoppenstein, den Basaltsteinbrüchen am Schiffenberg und der Sandgrube am Gießener Nordkreuz.
Im Laufe der Erdgeschichte sind in Gießen Kalke, Sandsteine und Basalt entstanden, die heute in verschiedenen Felskomplexen, Steinbrüchen oder Hängen zu entdecken sind. Als Geotope bezeichnet man unbelebte Natur, die einen besonderen Einblick in die Erdgeschichte gibt und besonders schützenswert sind. Gießen kann mit einer ganzen Reihe solcher Geotope aufwarten. Die Geotope sind leicht zu erkennen, eine weiterführende Beschreibung ist im Geotopenführer der Universitäts-stadt Gießen enthalten. Diese digital unter Geotopeführer Gießen erhältlich.
Unterwegs gibt es Geotope zu sehen und auch den einzigartigen Naturraum des Landkreises Gießen, wie das Naturschutzgebiet Bergwerkswald und der Hangelstein. Weitere sehenswerte Punkte sind der Schiffenberg oder die Badenburg in Gießen.
Die Beschreibung der Tour ist in der Broschüre „Aktiv unterwegs in Gießen“ zu finden, die bei uns in der Tourist-Information kostenfrei erhältlich ist.
Über den Button „Mehr erfahren“ gelangen Sie auf unsere Partnerseite vom Lahnwanderweg mit der genauen Beschreibung der Tour.
Die Tour führt an folgenden Geotopen vorbei:
Grauwackensteinbrüche an der Hardt
Zeitalter: Beginn vor etwa 350 Mio. Jahren, Karbon, Erdaltertum
Die Bruchkante des Steinbruchs mit der Gießener Grauwacke sieht man schon von weitem. Früher wurde in den Steinbrüchen hier Grauwacke für den Haus- und Wegebau abgebaut. Sieben Steinbrüche wurden um 1945 gezählt, die aber größtenteils wieder aufgefüllt wurden. Von der Straße aus kann man diesen Steinbruch gut einsehen, bitte keine privaten Grundstücke betreten. Ein geübtes Auge erkennt sogar die verschiedenen Körnungen. Gießener Grauwacken enthalten hier Glimmer, Feldspat und Schieferschüppchen.
Wer den Steinbruch von oben sehen möchte, kann den Weg bei den Hardtgärten hochgehen und die Aussicht von dort genießen.
Im Karbon, vor rund 350 Mio. Jahren, wurden im Gießener Bereich Sandsteine abgelagert. Diese nennen sich hier „Gießener Grauwacken“. Entstanden sind sich durch untermeerische Schlammströme und riesige Schuttfächer, die durch Bewegungen des Untergrunds ins Rutschen gerieten. So lagerten sich feste bis grobkörnigen Sedimente aus Sandstein im Boden ab.
Tonschiefer am Hoppenstein
Zeitalter: Beginn vor etwa 360 Mio. Jahren, Karbon, Erdaltertum
Der Hoppenstein ist ein bewaldetes Hügelchen direkt am Parkplatz zwischen Dutenhofen und Kleinlinden (auf Höhe der Bahnschranke zu den Seen). Im Östlichen Bereich des Parkplatzes finden sich bräunlich graue Kulm-Tonschiefer. Diese sehr feinen, geschichteten Sedimente sind durch hohen Druck während einer Gebirgsbildungsphase entstanden. Oft treten sie in Wechsellagerung mit Grauwacken auf.
Bergwerkswald – Steinbruch an der Tonhalde, Massenkalkfelsen und Steinberger Kalk
Alter Steinbruch an der Tonhalde im Bergwerkswald (8,6661340°O 50,5621416°N)
Zeitalter: vor etwa 440 -420 Mio. Jahren, Silur, Erdaltertum
Im früheren Brauneisenstein-Abbaugebiet des Bergwerkswaldes finden sich mehrere geologische Highlights. Eines davon ist dieser stillgelegte Steinbruch, der mittlerweile fast vollständig bewachsen ist. In diesem Steinbruch sind die ältesten Gesteine im Stadtgebiet Gießen zu sehen: Kalke. Vor 420 Millionen Haren sind diese Kalke im Meeresbecken abgelagert worden. Später, als sich Gebirge geformt haben, wurden diese Ablagerungen verfestigt und gehoben. Wegen vereinzelt auftretender Versteinerungen werden diese Kalke auch als Orthocerenkalk und Ostracodenkalk bezeichnet.
Massenkalkfelsen im Bergwerkswald (8,6732345°O 50,5632559°N)
Zeitalter: vor etwa 410-370 Mio. Jahren, Devon, Erdaltertum
Hier sind im ehemaligen Brauneisenstein-Abbaugebiet gewaltige Kalkfelsen an die Oberfläche hervorgetreten: Massenkalkfelsen. Diese Massenkalke entstanden als Riffkalke aus Resten kalkschaliger Organismen (z.B. Korallen, Muscheln). In zusammengepressten Bruchstücken kann man diese noch erkennen. Die rötliche Färbung kommt hier im Bergwerkswald durch Eisen-Mangan-Lösungen, die hier überall vorkommen. Die hier vorkommenden Massenkalke sind wahrscheinlich ein Ergebnis aus Verkarstung der Oberfläche der Kalke. Durch den Abbau der Erze im Bergwerkswald wurden die Massenkalke freigelegt.
Steinberger Kalk an der Rehhecke (8,6871977°O 50,5519444°N)
Zeitalter: vor etwa 410-360 Mio. Jahren, Devon, Erdaltertum
Hier findet sich ein kleiner, versteckt liegender Felsen. Dieser dunkle, knollige Kalkstein nennt sich Steinberger Kalk (vom Ortsnamen Watzenborn-Steinberg abgeleitet). Er ist in Schiefer eingelagert. Der hier offen liegende Kalkfelsen ist, im Gegensatz zu in Gießen sonst üblichen Kalkgesteinen, sehr kompakt, hart und ohne Fossilien.
Der Schiffenberg – Basaltsteinbruch und Basalte am Georgstempel
Basaltsteinbruch am Schiffenberg – Rocky Hill
Zeitalter: vor rund 65 Mio. Jahren, Tertiär, Erdneuzeit
Die Basaltvorkommen im Stadtgebiet Gießen gehören zu den westlichen Ausläufern des Vogelsberges. Im Vogelsberg war im Tertiär über Millionen Jahre ein Vulkan aktiv, der seine Lava an die Oberfläche befördert hat. Hier im Schiffenberger Wald finden sich feste Lavadecken und auch Basalttuffe. Die Tuffe waren lockeres Auswurfmaterial aus dem Vulkan, sie wurden nachträglich im Laufe der Zeit gefestigt. Beeindruckend sind auch Basaltsäulen, die entstehen können, wenn überdeckte Lava langsam abkühlen kann.
Basalte am Georgstempel im Schiffenberger Wald
Zeitalter: vor rund 65 Mio. Jahren, Tertiär, Erdneuzeit
Kurz unterhalb der kleinen Schutzhütte, des Georgstempels, sieht man einige kleine Basaltblöcke. Diese so genannte Blocklava entstand dadurch, dass die beim Erkalten festwerdende Lava durch wieder auftretende Fließbewegungen zerrissen wurde. Teilweise liegen die Blöcke wie „gewürfelt“ in einer Rinne dar, teilweise sieht man aber auch bizarre Gebilde aus ineinander verschlungenen Wurzeln und Basaltblöcken.
Hangelstein – Teufelskanzel und Felsenkanzel sowie Basaltsteinbruch
Basaltsteinbruch am Hangelstein
Zeitalter: vor rund 65 Mio. Jahren, Tertiär, Erdneuzeit
Hier befindet sich ein stillgelegter Basaltsteinbruch, wo früher der begehrte Baustoff abgebaut wurde. Je nach Jahreszeit ist er mehr oder weniger bewachsen, so dass die Sicht ein wenig eingeschränkt sein kann. Hier finden sich nebeneinanderliegende, dünne, aufgeschlossene Basaltsäulen. Die Basalte hier sind fest und dunkelgrau, oft mit Einsprenglingen von Olivin, einem Silikat, das frisch im Bruch leuchtend grün ist, verwittert jedoch bräunlich ist.
Felsenkanzel und Teufelskanzel im Hangelstein
Zeitalter: vor rund 65 Mio. Jahren, Tertiär, Erdneuzeit
An der Felsenkanzel finden sich Basaltsäulen, deren sechseckige Gestalt sich beim Abkühlen der Lava gebildet hat. Die ca. 150m entfernte Teufelskanzel ist ein großer Monolith aus Basalt. Dieser Basaltblock scheint durch einen Felssturz von einem damals höher gelegenen Basaltkomplex entstanden zu sein.
Grauwacke an der Badenburg
Zeitalter: Beginn vor etwa 350 Mio. Jahren, Karbon, Erdaltertum
Hier findet sich wieder die uns bereits bekannte Gießener Grauwacke. An mehreren Stellen entlang des Fahrradwegs zwischen Lollar und der Badenburg sind die kleinen bis zu mehreren Meter mächtigen Grauwacke-Felsen zu sehen.
Sandgrube am Gießener Nordkreuz
Zeitalter: Beginn vor etwa 65-50 Mio. Jahren, Tertiär, Erdneuzeit
Der letzte Wegpunkt führt uns zu einem noch aktiven Abbaugebiet. Bitte bleiben Sie auf den öffentlichen Wegen. Hier in der Grube finden sich Meeressande und Tone. Die Tone werden z.B. für die Ziegelherstellung genutzt, die Sande wurden früher für die Kalksandsteinproduktion verwendet.
Die Meeressande lagerten sich vor rund 50 Mio. Jahren entlang einer schmalen Meeresverbindung in Nord-Süd-Richtung ab. Entlang der Marburger Straße gab es mehrere weitere Sandgruben, die jedoch alle wieder verfüllt wurden.
Wer sich noch genauer über die Geotope in Gießen informieren möchte, kann im Geotopeführer Gießen weitere Infos bekommen.
Schlagworte: Freizeit, Geotope, Outdoor, Radfahren