Neues Schloss und Zeughaus
Senckenbergstr. 3
35390 Gießen
Repräsentatives Wohnen, Kanonen und ein Karzer
Bei dem lang gestreckten Gebäude (85 × 22 Meter) im Stil der deutschen Renaissance handelt es sich im Ursprung um einen militärischen Zweckbau, der bis heute Zeughaus genannt wird. Das riesige Waffenlager wurde 1586–1590 im rechten Winkel zum Neuen Schloss errichtet, das ein halbes Jahrhundert zuvor als kleiner, aber repräsentativer Wohnsitz fertig gestellt worden war. Das Gebäude-Ensemble rund um einen Hof wurde durch einen Marstall und das Rentamt komplettiert. Die heute hier verlaufende Senckenbergstraße legte man erst um 1900 an, als der Festungswall längst abgetragen war.
Das symmetrisch gestaltete Zeughaus beeindruckt durch sein mächtiges Satteldach und die hohen Giebel mit den typischen Schnecken- und Kugelverzierungen. Auch dieser Monumentalbau brannte nach der Bombardierung im Dezember 1944 aus. Das Land Hessen wahrte beim Wiederaufbau 1960/61 die alten Umrisse und rekonstruierte die Fassade; Fenster und Innenräume wurden der neuen Nutzung entsprechend modernisiert. Neues Schloss und Zeughaus gingen zur Nutzung an die 1957 wiedererrichtete Justus-Liebig-Universität.
Der kleine Anbau neben dem Hauptportal stammt aus der Gründungszeit der Universität 1609: der Universitäts-Karzer. Hier saßen rauflustige und trinkfreudige Studiosi ein. Der Gießener Karzer fand durch die Schulhumoreske »Der Besuch im Carcer« (1876) auch Eingang in die Literatur; verfasst hat sie der in Gießen geborene Schriftsteller Ernst Eckstein (1845–1900). Hartnäckig hält sich das Gerücht, sie sei sogar in das Drehbuch zum Film »Die Feuerzangenbowle« (1944) mit Heinz Rühmann eingeflossen.