Hinter den Kulissen der Frühjahrsmesse
Auf einmal standen sie da – die vielen Fahrgeschäfte und Buden auf dem Messeplatz und sorgten zwei Wochen lang bei der Frühjahrsmesse Gießen für Nervenkitzel und Spaß für die ganze Familie. Aber wie viel Arbeit und Lebensleistung in den Fahrgeschäften steckt, ist wohl den wenigsten Besuchern wirklich bewusst. Einen besonderen Einblick hinter die Kulissen des Schaustelleralltags erhielten die Gewinner*innen unseres Social-Media-Gewinnspiels.
Lebensleistung einer ganzen Familie
„Für uns ist das hier eine ganz besondere Zeit nach vier ausgefallenen Messen.“ Max Wagner, zweiter Vorsitzender des Schaustellerverbandes Mittelhessen, begrüßte die Rundgangsteilnehmer*innen und machte deutlich, mit wie vielen Entbehrungen die Schausteller in zwei Jahren Corona-Pandemie zu kämpfen hatten. „Aber nun ist die Frühjahrsmesse Gießen bei bestem Wetter endlich gestartet – Petrus ist doch ein Messegänger“, schmunzelte er. Der Premierentag der Frühjahrsmesse sei großartig verlaufen. „Es war einfach toll – wir Schausteller haben uns gefreut und das Publikum ebenso.“ Gerade viele Familien mit Kindern seien auch am Sonntag über die Messe flaniert. „So soll es sein, wir möchten eine familienfreundliche Messe, eine Veranstaltung für die ganze Familie sein“, bekräftigte Wagner.
Den ersten Startpunkt machte die Gruppe bei einer 80 Jahre alten Konzertorgel aus Holland. Das farbenfrohe und handgearbeitete Stück stehe für die Tradition, der sich alle Schaustellerfamilien verpflichtet fühlen. „Ein Fahrgeschäft ist nicht einfach das Lebenswerk eines Unternehmers. Hier spiegelt sich die Lebensleistung einer ganzen Familie wider“, so Wagner. Mit modernster Technik glänzte wiederum eines der beliebtesten Fahrgeschäfte auf der der Messe – der Break Dance. Recommandeur Eric Jahn-Möbius führte die Besucher*innen auch unter das 50-Tonnen schwere Fahrgeschäft. Die Teilnehmer*innen bestaunen den großen Drehmotor und die vielen Kabel für die Strom- und Lichtversorgung. „In zwei Tagen haben wir, wenn es schnell gehen muss, den Break Dance aufgebaut.
„Das Gerät ist in einem besseren Zustand als bei der Neu-Auslieferung, es wird ständig in die modernste Technik investiert“, sagte Jahn-Möbius, der schon seit elf Jahren die markante „Stimme“ des Break Dance ist. Auch die Umsetzung der neuen DIN-Normen, nachdem Fahrge-schäfte auf Personen mit bis 100 kg Körpergewicht statt wie früher 75 kg ausgelegt sein müssen, wurde vorgenommen. Neben der Sicherheit müssen natürlich auch der Sound und die Lichtef-fekte stimmen. Das durften die Teilnehmenden anschließend bei einer Freifahrt testen.
Intensive Prüfung
Auch beim Musik-Express, der bei Familien mit Kindern hoch im Kurs steht, ließ Schausteller Maik Thiliant die Teilnehmer*innen ein paar Runden drehen. „Wir haben hier Platz für 60 Personen“, erklärte er. Der Musik-Express wurde im Jahr 1995 gebaut. Auch hier investiert die Betreiberfamilie ständig in LED-Lichtsystem und neue Musikanlage. Ein Blick unter das Geschäft macht deutlich, wie alles miteinander verbunden ist. „Wir haben hier immerhin ein Schienensystem.“ Alles werde jeden Tag gesichtet, hinzukommen wiederkehrende Prüfungen und Wartungen. „Bis jetzt hatten wir noch keine Schäden“, freute sich Thiliant. „Die Fahrgeschäfte der Schausteller sind die am meisten geprüften Fortbewegungsmittel, die es gibt“, ergänzt Wagner.
Mache sich der Musikexpress auf die Reise in eine andere Stadt müssen die Schausteller die Fahrten als Schwertransport stets anmelden. „Wir sprechen hier von 54 Tonnen Gesamtlast“, so Thiliant. Die Zeit der Lieferengpässe sei inzwischen auch bei den Schaustellern angekommen. „Eigentlich wollten wir zu Beginn der Frühjahrsmesse eine neue Außenplane haben – das aber wohl erst Ende September was werden“, meinte er.
Ein Lichtermeer aus 100.000 LEDs
Von exorbitanten Ausmaßen kann man auch beim XXL-Lachhaus sprechen. „Es ist wie ein riesengroßer Spielplatz“, findet „Opa“ Manuel Renz, das Oberhaupt der Schaustellerfamilie aus dem Schwäbischen. Das Haus hält eine Menge aus. „200 Leute passen rein und es darf sogar an der windigen Nordsee stehen“, berichtet Enkel Aaron Renz. Rund 100.000 LEDs sorgen ge-rade am Abend für eine ganz besondere Stimmung. „Gießen ist ein guter Messestandort – wir sind gerne hier“, sagte Manuel Renz. Logistisch ist das Lachhaus auch eine große Nummer. Mit 6 Lastzügen reisen die Renzes an, um alle Aufbauten und die Wohnwagen der Familie zu bewegen.
Ein leckeres Ende fand der Rundgang beim Knusperhäuschen von Angelika Wagner. Hier probierten sich die Teilnehmenden nicht nur durch die klassischen gebrannten Mandeln sondern probierten auch neue leckere Sorten wie süßer Senf mit Honig, Bubblegum, Einhorn oder Omas Keksteig.
Tradition sei wichtig, aber auch mit der Zeit gehen und Veränderungen annehmen seien für die Schausteller keine Fremdworte, so Max Wagner abschließend. „Mein Urgroßonkel hat noch mit Bären gerungen.“ Glücklicherweise müsse er das nicht mehr machen. „Ich habe eine Mandelmanufaktur, wie meine Mutter“, lachte Wagner.
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