Datum/Zeit
13.02.2017
19:00
Hermann-Levi-Saal - Konzertsaal im Rathaus
Berliner Platz 1
35390 Gießen
Die wahre Geschichte zu Ursula Krechels „Landgericht“ – erzählt von Ruth Barnett
Gemeinschaftsveranstaltung der Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der Justus-Liebig-Universität Gießen und des Vereins Criminalium e. V.
Als Vierjährige gelangte Ruth Barnett 1939 mit ihrem Bruder in einem Kindertransport nach Großbritannien. Der jüdische Vater entkam nach Shanghai, während die nicht-jüdische Mutter in Deutschland blieb. Erst zehn Jahre später sah Barnett ihre Eltern wieder. Anschaulich erzählt Barnett in ihrem Buch, das unter dem Titel „Person of No Nationality. A Story of Childhood Loss and Recovery“ bereits 2009 in England erschien, von ihrer schwierigen Existenz als heimat- und staatenloses Mädchen in der Fremde, von ihren Jahren in Heimen und Pflegefamilien.
Nach dem Krieg wurde Ruth gegen ihren Willen nach Deutschland zu ihren Eltern zurückgeholt, durfte aber nach England zurückkehren als deutlich wurde, wie unwohl sie sich in Deutschland und bei ihren leiblichen Eltern, von denen sie sich völlig entfremdet hatte, fühlte. Deutschland besuchte sie von da an nur noch in den Ferien.
Nach dem Studium heiratete Ruth ihren jüdischen Freund und konvertierte zum Judentum. Sie bekamen drei Kinder und 2008 feierten sie goldene Hochzeit. Ruth Barnett war 19 Jahre lang Lehrerin und 28 Jahre lang als Psychotherapeutin tätig.
Bis heute erzählt sie ihre Geschichte häufig in Schulklassen und vor Studenten. Anfang Dezember 2016 erschien das Buch nun auch erstmals in deutscher Übersetzung in der gemeinsamen Schriftenreihe der Ernst-Ludwig Chambré-Stiftung und der Arbeitsstelle Holocaustliteratur (www.holocaustliteratur.de) „Studien und Materialen zur Holocaust- und Lagerliteratur“ unter dem Titel „Nationalität: Staatenlos. Die Geschichte der Selbstfindung eines Kindertransportkindes“ im Metropol-Verlag.
Seit Ursula Krechels Roman „Landgericht“ ist Barnetts Lebensgeschichte einer großen Leserschaft bekannt. Der Roman erzählt den Lebensweg der Familie des jüdischen Richters Richard Kornitzer – er war der Vater von Ruth Barnett. Mit Ruth Barnetts Bericht liegt nun die Geschichte auch aus der Sicht der Tochter vor. Das ZDF hat den preisgekrönten Roman von Ursula Krechel 2016 unter der Regie von Matthias Glasner verfilmt. Der Zweiteiler wird ab Ende Januar 2017 im ZDF ausgestrahlt.
Ruth Barnett wird an diesem Abend selbst aus ihrem Buch lesen und im Gespräch mit Heidrun Helwig (Gießener Anzeiger), die den Abend moderieren wird, über ihre Kindheit und das Buch sprechen.
Schlagworte: Historisch, Lesung, Wissenschaft & Forschung