Datum/Zeit
13.05.2017
19:30
Stadttheater Gießen - Großes Haus
Südanlage 1
35390 Gießen
Moderne Oper im Großen Haus
Oper von Alfred Schnittke
Als letzte Premiere der Saison im Großen Haus des Stadttheater Gießen steht eine Opernausgrabung an: Alfred Schnittkes LEBEN MIT EINEM IDIOTEN ist ein Werk zwischen politischem Gleichnis und Zerrspiegel sozialen Miteinanders.
Mangel an Mitleid – für dieses Vergehen wird einem russischen Schriftsteller der Prozess gemacht. Seine Strafe: Er muss einen Irren bei sich zu Hause aufnehmen. So beginnt sein Leben mit einem Idioten namens Wowa, einem impulsiven Rotschopf, der schon bald Verwirrung und Anarchie in das vermeintlich traute Heim des Schriftstellers und seiner Ehefrau bringt: Eine Spirale aus Leidenschaft, hemmungsloser Sexualität und gegenseitiger Zerstörung beginnt.
Alfred Schnittkes erstes Opern-Meisterwerk – 1992 uraufgeführt – ist musikalisch ein beeindruckendes Beispiel für seine „polystilistische“ Technik: Verschiedenste Stile fügen sich zu einer packenden neuen Tonsprache.
Regisseur Georg Rootering arbeitet in seiner Inszenierung den skurrilen Zynismus des Stücks heraus, um in der Groteske Humor zu entdecken. Ausstatter Lukas Noll versieht Bühne und Kostüme mit Bezügen zu Sowjetzeit, während der musikalische Leiter Martin Spahr das Philharmonische Orchester durch die „polystilistische Anordnung“ Schnittkes führt, die unter anderem mit den Klangfarben eines Marimbaphons aufwartet.
Annika Gerhards (ehemals an der Wiener Staatsoper) als „Frau“ und Bernd Könnes (u.a. Staatsoper Dresden) als Idiot „Wowa“ geben ihr Gießener Debüt an diesem Abend, während Gabriel Urrutia (u.a. Staatstheater Karlsruhe) als „Ich“ nach GEGEN DIE WAND in der letzten Spielzeit ein weiteres Mal am Stadttheater gastiert. Der Chor unter der Leitung von Jan Hoffmann stellt sich der schrägen Schönheit der Partitur. Alle gemeinsam gehen sie der Gestalt des Idioten auf den Grund, über den Librettist Viktor Jerofejew einmal sagte: „Ich bin kein Pessimist, aber der Idiot ist unsere Wirklichkeit, unsere condition humaine.“
Weitere Vorstellungen: 21., 27. Mai; 8., 23. Juni; 1. Juli 2017 | jeweils 19.30 Uhr
Musikalische Leitung: Martin Spahr | Inszenierung: Georg Rootering | Bühne und Kostüme: Lukas Noll | Chor: Jan Hoffmann | Dramaturgie: Matthias Kauffmann
Mit: Gabriel Urrutia (Ich), Annika Gerhards (Frau), Bernd Könnes (Wowa), Tomi Wendt (Wärter), Grga Peroš (Marcel Proust), Shawn Mlynek (Bursche)
Chor des Stadttheater Gießen
Philharmonisches Orchester Gießen
Kartenvorverkauf: Theaterkasse
Biografische Informationen der Gäste
Georg Rootering (Inszenierung) begann seine Theaterlaufbahn als Regieassistent am Opernhaus Zürich, wo er u. a. mit Götz Friedrich, Nikolaus Lehnhoff und Otto Schenk zusammenarbeitete, sowie bei den Salzburger Festspielen, wo er bei Herbert von Karajan assistierte. 1981 gab er sein Regie-Debüt mit Verdis RIGOLETTO in Bremerhaven. Festengagements führten ihn als Spielleiter an die Bayerische Staatsoper München, als stellvertretender Oberspielleiter an die Wiener Staatsoper, als Regisseur und Produktionsleiter an das Aalto Theater Essen, als Oberspielleiter des Musiktheaters an das Stadttheater Würzburg sowie von 1997 bis 2006 als Intendant des Theaters am Kirchplatz nach Schaan/Liechtenstein.
Neben Gastprofessuren u.a. in Helsinki und München ist er als freischaffender Regisseur für Musiktheater und Schauspiel europaweit tätig, u.a. in Erfurt, Graz und Athen. In Gießen zeichnete er bereits für die Inszenierungen von Strauss’ ARIADNE AUF NAXOS, CAVALLERIA RUSTICANA und PAGLIACCI verantwortlich.
Gabriel Urrutia (Ich) stammt aus Valencia und studierte zunächst Chemieingenieurwesen, bevor er von 2002 bis 2005 an der Universität der Künste in Berlin seine Gesangsausbildung absolvierte; im Jahr 2006 wurde er darüber hinaus zum Doktor der Ingenieurwissenschaften promoviert. In der Folge debütierte er am Theater Heidelberg mit Partien wie Leporello (DON GIOVANNI) und Dulcamara (L’ELISIR D’AMORE) sowie den Titelpartien in RIGOLETTO, EUGEN ONEGIN sowie LE NOZZE DI FIGARO. Ab 2011 war er festes Ensemblemitglied des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, wo er in führenden Partien wie Papageno (DIE ZAUBERFLÖTE) und Guglielmo (COSÌ FAN TUTTE) zu erleben war. Gastengagements führten ihn u.a. an das Theater Freiburg als Nekrotzar (LE GRAND MACABRE) unter der Regie von Calixto Bieito; ferner nach Valencia, an die Sankt Petersburger Philharmonie sowie zum Palau de les Arts Reina Sofía, wo er unter Alberto Zedda konzertierte. Neben seiner sängerischen Karriere ist Gabriel Urrutia zudem als Komponist erfolgreich tätig. Nach GEGEN DIE WAND ist LEBEN MIT EINEM IDIOTEN sein zweites Gastengagement am Stadttheater Gießen.
Annika Gerhards (Frau) absolvierte ihr Gesangsstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und besuchte Meisterkurse bei KS Brigitte Fassbaender, Klesie Kelly-Moog, Helen Donath und Eva Marton. Sie ist Preisträgerin verschiedener Wettbewerbe, darunter der Bruno Frey-Musikpreis und der Bundeswettbewerbs Gesang, außerdem wurde sie mehrfach mit dem Händel-Preis der Stadt Karlsruhe ausgezeichnet.
Von 2013 bis 2016 war sie Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, wo sie u.a. Giannetta (L’ELISIR D’AMORE), Waldvogel (SIEGFRIED), Barbarina (LE NOZZE DI FIGARO) sowie Gretel (HÄNSEL UND GRETEL) unter Christian Thielemann sang. Große Erfolge feierte sie bei ihren Rollendebüts als Marzelline (FIDELIO) unter Adam Fischer und als Adele (DIE FLEDERMAUS) unter Stefan Soltesz. Darüber hinaus gastierte sie u.a. als Valencienne (DIE LUSTIGE WITWE), Frasquita (CARMEN), sowie in der Titelpartie von Mozarts ZAIDE am Staatstheater Darmstadt, bei den Händel-Festspielen Karlsruhe und beim Rheingau Musik Festival. Im Sommer 2015 debütierte sie als Annina (EINE NACHT IN VENEDIG) bei den Seefestspielen Mörbisch. Neben der Oper widmet sie sich dem Lied- und Konzertgesang und konnte sich in diesem Bereich ein breitgefächertes Repertoire erarbeiten; einen Schwerpunkt bilden die Passionen und Kantaten Bachs. 2015 erschien ihre Debüt-CD mit Liedern von Schumann, Strauss und Rihm beim Label Coviello Classics. Im April 2016 debütierte sie mit einem Liederabend im Musikverein Wien, 2013 wurde sie bei dem von Thomas Quasthoff gegründeten Wettbewerb „Das Lied“ mit dem Förderpreis als größtes Nachwuchstalent ausgezeichnet. Am Stadttheater Gießen debütiert sie als Frau in Alfred Schnittkes LEBEN MIT EINEM IDIOTEN.
Bernd Könnes (Wowa) absolvierte sein Gesangsstudium an der Musikhochschule Detmold/Münster bei Prof. Peter Ziethen sowie ein Aufbaustudium mit Konzertexamen an der Folkwang-Universität Essen bei Prof. S. Papulkas. Während des Studiums führten ihn Gastengagements als Solist nach Bielefeld, Münster, Wuppertal und an die Sächsische Staatsoper Dresden.
Von 1997 bis 2003 war er am Pfalztheater Kaiserslautern und von 2002 bis 2003 am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken als Tenor tätig. Darüber hinaus bekam er den ersten Preis beim VDMK-Landeswettbewerb Nordrhein-Westfalen sowie einen Sonderpreis für Finalisten beim Bundeswettbewerb in Berlin. Außerdem sammelte er Konzerterfahrung als Lied- und Oratoriensänger und gastierte u.a bei den Schwetzinger Festspielen, den Heidelberger Schlossfestspielen sowie am Nationaltheater Mannheim. Von 2003 bis 2010 war er festes Ensemblemitglied der Staatsoperette Dresden.
Seit 2014 hat er ein festes Engagement bei der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg, wo er u.a. Monostatos in DIE ZAUBERFLÖTE, Baron Zeta in DIE LUSTIGE WITWE oder Gaston in LA TRAVIATA interpretierte. LEBEN MIT EINEM IDIOTEN ist sein Gießener Debüt.
Schlagworte: Bühne, Musik, Stadttheater, Theater