Datum/Zeit
01.07.2016
19:30
Botanischer Garten
Sonnenstraße
Gießen
Böse Polemik eines anonymen Reformators
Im Vorjahr des Luther-Jubiläums führt die Theatergruppe des Instituts für Germanistik eine besonders bissige Komödie aus dem 16. Jh. auf: eine Abrechnung mit dem Gegenreformator Friedrich Staphylus, einem ehemaligen Schüler Melanchthons.
„Vater unser, der du bist im Häusle…“ – So würden Staphylus und die Papisten beten, lästert eine protestantische Seele im Jenseits mit Blick auf die Verehrung, welche gewandelte Hostien in katholischen Tabernakeln erfahren: Von Anfang bis Ende unendlich böse ist das Stück, dass Prof. Dr. Cora Dietl für die diesjährige Sommeraufführung ihrer Theatergruppe herausgesucht hat. Die Aufführung versteht sich als ein weiterer Beitrag zur Luther-Dekade und sie steht im Kontext des Gießener DFG-Projekts Inszenierungen von Heiligkeit. Diesmal ist es die plakative Destruktion von Heiligkeit als Teil der interkonfessionellen Polemik.
Rudolf Clenck, Theologe an der Universität Ingolstadt, hatte nämlich, als sein Lehrer Friedrich Staphylus 1564 gestorben war, einen Bericht über den heiligenmäßigen Tod des Staphylus publiziert. Nicht nur die dick aufgetragene gegenreformatorische Prahlerei in diesem Text musste die Gegenseite provozieren, sondern auch die gefeierte Person: Staphylus war einst ein Schüler Melanchthons. Dieser hatte ihm eine Professur für Theologie in Königsberg verschafft – und dann hatte sich Staphylus mit einem Reformator nach dem anderen angelegt, war schließlich konvertiert und hatte sich als Professor für Theologie und schließlich Superintendent in Ingolstadt mit zahlreichen Streitschriften gegen die Reformation gewandt – und war so zu einer Hassfigur der Reformatoren geworden. Er sollte einen heiligenmäßigen Tod gestorben sein? Wohl kaum. Der Bericht Clencks wird in der von einem unbekannten protestantischen Autor unter dem Pseudonym “Sophonias Peregrinator” verfassten Komödie Ein Dialogus oder Gespreche von dem absterben Friderici Staphili klar widerlegt. Das Theaterpublikum kann darin sehen, wie die Seele des allzu selbstbewussten Theologen, beladen mit Ablassbriefen, geweihten Kerzen, Weihwasser und Weihrauch im Jenseits umherirrt und die Himmelspforte sucht – mit wenig Erfolg. Lassen Sie sich überraschen, wem sie dort alles begegnet, wie es anderen Seelen im Jenseits ergeht und wie das Ganze ein reichlich böses Ende nimmt!
Darsteller:
Cora Dietl (lutherische Seele)
Mike Hedrich (Eisengrein)
Melissa Heerz (Luzifer)
Christine Kluge (Clenck)
Anna-Verena Mencke (Augustinus)
Gesa Rühmkorb (guter und falscher Engel)
Lisa Scheffler (böser Geist)
Adrian Verscharen (Staphylus)
Alle Aufführungstermine:
30.06.2016, 18.30 Uhr, Wetzlar, Baptistengemeinde (Eintritt frei)
01.07.2016, 19.30 Uhr, Gießen, Botanischer Garten (Eintritt: € 5 / ermäßigt € 3 / LZG frei – Kartenvorverkauf: Tourist-Information)
02.07.2016, 16.00 Uhr, Grünberg, Antoniterkloster (Eintritt frei)
07.07.2016, 19.30 Uhr, Durham, Kongress der SITM (Eintritt im Kongressbeitrag inbegr.)
Schlagworte: Bühne, Literarisches Zentrum Gießen, Theater